Es gibt Wege, die den Wanderer nicht nur durch Landschaften, sondern durch Jahrhunderte tragen. Der Rosenthal-Weg ist einer von ihnen, ein stiller Begleiter durch das vermoderte Laub der Vergangenheit, ein sanft schlängelnder Pfad durch Erinnerungen an Anton Wiede und seine Vision, die 1883 zur Gründung einer stolzen Papierfabrik führte.
Ein Pfad durch Zeit und Stille: Der Rosenthal-Weg
Der Atem der Geschichte und das Flüstern des Waldes
Die Bäume stehen hier wie uralte Wächter, das Rascheln der Blätter scheint die Geschichten jener Tage zu murmeln, die längst vergangen, aber keineswegs vergessen sind. Dies ist ein Weg, der uns nicht nur das Werk eines Mannes zeigt, sondern die Wurzeln einer Epoche berührt.
Wiede und die Kraft eines Traums
Anton Wiede schuf hier weit mehr als eine Fabrik. Es war ein Imperium aus Papier, das leise und doch kraftvoll in die Welt hinausdrang. Man kann sich vorstellen, wie die Wände der Hallen einst vom Dröhnen der Maschinen widerhallten und wie das Papier, glatt und weiß, aus den Walzen schoss, als wäre es nichts weiter als reines Licht, das die Hände von Arbeitern in Form brachten. Heute erzählen die Mauern nur noch still, doch ihre Geschichten haben sich in den Boden gegraben, sie schweben in der Luft und umhüllen den Wanderer mit einem Hauch von Ewigkeit.
Ein Denkmal aus Stein und Ausblicken
Hoch über dem Land thront der Wiedeturm, wie ein altes Relikt, das trotzig gegen Wind und Wetter steht. 1903 erbaut, um das 20-jährige Bestehen von Wiedes Werk zu ehren, scheint dieser Turm über die Hügel zu wachen, als hielte er einen stummen Dialog mit den Wolken und der Ferne. Der Blick von hier oben ist atemberaubend – man sieht nicht nur Landschaft, sondern eine ganze Welt in der Schwebe. Ein Ort, der an Größe gewinnt, je länger man ihn betrachtet. Hier spürt man die Weite und das Wunder der Natur, durchzogen von den Fäden der Erinnerung an eine Zeit, die ebenso lebendig scheint wie die Bäume, die sie umringen.
Eine Stille, die alles sagt
Zwischen den Bäumen, am Rande des Waldes, steht ein Denkmal, das nicht mehr fordert, als für einen Moment still zu stehen und zu fühlen. Es ist ein Ort des Gedenkens, ein Mahnmal, das in schlichter Würde an die Todesmärsche erinnert, die hier einst vorbeizogen. Die Luft scheint schwerer, dichter, als hielte sie den Atem all jener, die hier vorbeigegangen sind und nicht zurückkehrten. Die Natur ringsum bleibt ungerührt, der Wind flüstert über die Steine hinweg. Doch der Wanderer spürt die Last, die sich in die Erde gegraben hat, und geht weiter – reicher an Gedanken, schwerer an Gefühlen.
Wolken, Felsen und die Kraft der Stille
Der Weg schlängelt sich weiter und weiter, ein treuer Begleiter, der die Launen der Natur kennt und still akzeptiert. Hier und da liegen Felsen, die einst vom Sturm Kyrill entblößt wurden – ein wilder Tanz der Elemente, eingefroren in Stein. Sie ruhen nun am Wegrand, Zeugen der Unberechenbarkeit, und über ihnen zieht der Himmel dahin, als wäre alles ein endloses Miteinander von Kraft und Frieden. Der Wanderer geht, die Stille wird zum Flüstern, die Steine zum Nachhall der Natur. Das Licht spielt auf den Baumstämmen, und der Pfad, so scheint es, spricht von der Ewigkeit des Augenblicks.
Eine Landschaft in zarten Aquarellen
Am Aussichtspunkt König David öffnet sich die Landschaft wie ein Gemälde, das den Blick umarmt. Weit unten schlängelt sich das Höllental, eingebettet in sattem Grün, während sich Lichtenberg am Horizont erhebt wie ein stiller Wächter. Der Wind trägt den Geruch des Waldes, die Erinnerung an Regen, die Frische des Mooses – alles scheint lebendig, ohne zu drängen. Dies ist der Moment, in dem die Zeit ihre Bedeutung verliert, der Raum sich ausdehnt und der Wanderer ein Teil des Ganzen wird, aufgehoben in der Schönheit einer Welt, die sich selbst genug ist.
Das Tal und das Echo der Vergangenheit
Wenn der Weg sich schließlich hinabwindet, ist es, als riefe das Tal selbst den Wanderer zurück. Die Geräusche des Waldes, das Knistern des Laubs und das Wispern der Äste begleiten ihn, bis der Wald zur Straße wird, der Pfad zur Brücke, und die Selbitz leise unter ihm hindurchfließt. Am Ende wartet wieder Blechschmidtenhammer, ein Ort des Wissens und des Gedenkens, mit dem Besucherbergwerk, das wie ein stiller Wächter die Geschichten der Bergleute bewahrt, die hier einst geschuftet und geträumt haben. Der Weg endet, doch die Erinnerungen hallen nach, lange, nachdem die Schritte verstummt sind.
Quelle/Infos: https://www.metaller.de/rosenthal-weg-us-13/
———-
Autor: Höllger